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KÜNSTLER*INNEN

Christan Behrendt

malt Handlungsbilder, genauer fangen seine Gemälde ritualisierte Handlungen ein, zuweilen auch Herzensangelegenheiten: „Brot mit Ei“, „Föhnen“, „Christian mit blauen Handschuhen, Bad putzen“, „Reiten“, das sind ihre Bezüge. Auch produziert Christian Behrendt keine Gemälde im klassischen Sinn. Frei und spielerisch kombiniert er Zeichnung, Malerei und Verfahren der Collage. Er dreht und wendet die Leinwände, bemalt ihre Ränder und Rückseiten; Schnelligkeit und Entschiedenheit ist allen seinen Bildwerken anzusehen. Da sind die mit Buntstift, Permanentmarkern oder Viehzeichenstiften gezeichneten, sich wiederholenden Buchstabenkombinationen aus der Sprachwelt des Künstlers; da sind die Linien, geometrischen Formen, Gegenstände und menschlichen Figuren, manchmal auf rasch ausgeschnittenen Zetteln angebracht, die sich auf großzügige, meist vielfarbige Farbfelder legen. Manchmal verdichten sich die Farbfelder, manchmal lassen sie die Leinwand durchscheinen. Immer aber geben die unbeirrbaren Schwünge des Pinselstrichs und der zeichnerischen Gesten ihre Dynamik und Richtung vor. Und obwohl diese energiegeladenen Bilder mit den Routinen, den Begegnungen, Vorlieben, Wünschen und Ereignissen aus dem Leben des Künstlers verwoben sind und sie grenzenlos variieren, passiert dies in so abstrahierter Form, dass wir sie auch auf uns beziehen können und beginnen nachzudenken; vielleicht auch über die Frage, wann ein Kunstwerk abgeschlossen ist?!

Christian Behrendt

Gent Bislimi

nimmt in seiner Kunst das Fantasy Genre zum Ausgangspunkt, um eine vieldimensionale Parallelwelt zu erschaffen. Die Scherben Welt nennt er sie. Gent Bislimis Künstlername spricht davon: Dark D. Dragon ist Teil dieser Kunstwelt, die sich als work in progress stetig vervollständigt. Ihr Umfang und ihre Ebenen sind bereits vom Künstler gesetzt und in einer enzykopädischen Aufstellung angelegt. Schrittweise hält Gent Bislimi alias Dark D. Dragon ihre Prinzipien und Bestandteile, seien es Symbole, Beischriften oder Legenden, in präzisen, kleinteiligen Zeichnungen mit Bleistift, Finelinern und Buntstiften fest. Die meisten davon zeichnet er auf kariertes Din-A4-Karopapier, geordnet nach Kategorien. Da sind beispielsweise die Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde, aber auch immaterielle Prinzien wie Magie oder Technologie, die verschiedenartige, auch widersprüchliche Gefühle oder existenzielle Zustände verkörpern können. Teilweise ergänzt der Künstler seine Zeichnungen durch großformatige Weltkarten, manchmal findet sich auch eine Kinderzeichnung unter ihnen. Ein umfassender, präzise konstruierter und nach wie vor wachsender Seelenkontinent scheint auf diese Weise anschaulich zu werden – ein Kontinent, der sich aus den naturmagischen Kräften der Elemente bildet und der sichtbare ebenso wie unsichtbare Dinge und Ereignisse in komplexe Bezüge zueinander treten lässt.

Gent Bislimi alias Dark D. Dragon

Felicitas Hafen

Felicitas Hafen

Adrian Hecker

Adrian Hecker

Hoang Le Hui

Hoang Le Huy

Andreas Rach

Andreas Rach

Markus Ruhland

bezeichnet sich selbst als Doppelmalmaschine. Doppelt, weil er doppelt so schnell und doppelt so viel produziert als alle anderen. Sein persönlicher Rekord liegt bei sieben großformatigen Blättern an einem Ateliertag. Und in der Tat: Kraft, Geschwindigkeit, Intensität zeichnen seinen Zugang aus. Aus der Nähe meint man das Tempo der Jumbo Dreikant-Buntstifte zu sehen, den kräftigen Duktus der eng aneinander liegenden Felder aus Parallelschraffuren zu spüren und nachvollziehen zu können, wie die Buntstiftminen schrumpfen; manchmal schaben sich dünne Linien über die Schraffurenfelder, hier blieb keine Zeit zum Spitzen. Löst sich der Blick von der Nahsicht, aus drei bis vier Schritten Entfernung, ist die Bildwirkung eine ganz andere. Von hier aus werden großzügige, mäandernde Formen oder geometrische Kompositionen mit definierten Außenlinien erkennbar, die auch die Blattränder einbeziehen. Das ist zum Beispiel in der Serie Stars der Fall: In den meisten von ihnen ziehen sich vom Bildmittelpunkt aus präzise, freihändig gezogene Linien zu den Ecken und den Rändern des Papiers, es entstehen spitz zulaufende Dreiecke; in Ausnahmefällen umschließen diese zackigen Dreiecke freischwebende ovale Formen vor kräftigem blauem Hintergrund. Aus der Fernsicht wird klar: Die Außenlinien begrenzen die unbändigen Schraffurbewegungen, sie richten sie aus, kanalisieren und leiten sie. Und genau hier, im Spiel zwischen Nähe und Ferne, zwischen Kraft, Geschwindigkeit und Intensität der Schraffurbündel und den mit ruhiger Hand gezogenen Außenlinien entfaltet sich Markus Ruhlands Kunst.

Markus Ruhland

Pascal Schuster

ist ein Wandler zwischen den künstlerischen Medien: Er schreibt, zeichnet, malt und konstruiert; er arbeitet digital, produziert Videos, und er ist Performer – nicht nur im Galerieraum, sondern auch als Cosplayer auf Comicmessen. Cosplay setzt sich aus den englischen Begriffen „costume“ und „play“ zusammen und bezeichnet ein Rollenspiel, das seit den 1990er Jahren aus Japan vor allem in die USA und nach Europa importiert wurde. Cosplayer verwandeln sich in ihre Lieblingsfiguren aus Comics, Mangas oder Videospielen, indem sie ihre Kostüme, Rüstungen, Schilder, Masken, Accessoires und Verhaltensweisen möglichst originalgetreu imitieren. Pascale Schuster plant Entwurf und Performance einer neuen Figur oft monatelang, bevor er sie verkörpert. Auch seine Zeichnungen und Gemälde bevölkern die magischen Welten der Mangas, Comics und Animes, mit ihren guten und bösen Figuren und Kräften, Abwehrzaubern und existentiellen Grenzerfahrungen. Auf Papierarbeiten, meist in Tusche und Acryl, auf Wandmalereien oder auf eigens aus Pappe und Gaffer-Tape konstruierten Bildträgern tauchen sie alle auf. Solitär in diesen Bildwelten, immer wiederkehrend, sind wohlbeleibte Frauenfiguren, mal gleich Wächterfiguren als mythische Lichtgestalten dargestellt, mal gut gelaunt über eine Straße flanierend. Manche der Bildträger, die Pascale Schuster konstruiert, könnten auch als Schilder in einem Cosplay zum Einsatz kommen. Für einen Wandler, der die Grenzen zwischen Malerei, Objekt und Performance-Kunst überschreitet, ist das kein Problem.

Pascale Schuster

Pascal Schuster
Matthias Strauss

Matthias Strauss

ist ein zeichnender Fahrzeugtechniker. Automobile jeder Art, Sportwagen, Oldtimer, Luxuskarossen, amerikanische Muscle Cars, aber auch Hausboote oder Lokomotiven sind seine Protagonisten. Sie sind immer unbemannt, ganz bei sich. Fast scheinen sie innezuhalten, denn sie bewegen sich von rechts nach links durch das Bild, gegen die konventionelle Leserichtung im westlichen Kulturraum. Wie ein Porträtkünstler der frühen Renaissance geht Matthias Strauss vor. Seine kleinformativen Zeichnungen sind bis in das kleinste farbliche und konstruktive Detail überlegt und ausformuliert, die Fahrzeuge immer in Profilansicht zu sehen, vor Gebäude oder Landschaften geblendet. Im Gegensatz zu den historischen Gemälden Italiens geben sie den Blick aber nicht auf toskanische Hügel frei, sondern auf angedeutete oder differenzierte Berglandschaften, auf Felsküsten mit kleinen Höhleneingängen, sie gleiten langsam durch die mexikanische Wüste oder vor dem ikonischen Vulkan Fujiyama durch das Bild. Auch schieben sie sich vor frontale Hausfassaden. Vielleicht sind es Bahnhöfe oder Almhütten, das ist schwer auszumachen, denn oft ist nur ein Hausdach mit minutiös ausgearbeiteten Ziegeln erkennbar, ab und zu auch ein Holzträger oder eine Veranda. Besonders in den monochromen Bildern, die Matthias Strauss mit Kugelschreiber oder Bleistift anfertigt, sind die Fahrzeuge und Häuser schwer voneinander zu unterscheiden. Der Blick muss ins Detail wandern, die Linien entlang, sie verbinden und trennen. Vielleicht entdeckt er dabei eine Leiter auf einem der Hausboote, ausgearbeitete Sprossenfenster, kleine Kieselsteine zwischen Bahnschienen oder eine proportional perfekt ausgeführte Anhängerkupplung. Beides, Lust am Detail und ein ausgeprägtes Formgefühl charakterisieren den künstlerischen Zugang von Matthias Strauss. Darüber hinaus stolpert der Blick in der Betrachtung vielleicht über irritierende Details: Ein buntfarbiger amerikanischer Sportwagen vor dem Fujiyama? Eine Limousine mit Totenkopf und ‚Kill‘-Aufschrift auf dem Weg nach Dallas? Ein Hausboot mit dem Namen ‚Furz 12‘? Dadaistische Setzungen wie diese zeugen von dem Witz, den die Kunstwerke subtil durchziehen. Und plötzlich scheinen die Fahrzeuge trotz fehlender Automobilist*innen eine Seele zu erhalten.

Pascal Schuster
Katrin Stüble

Katrin Stüble

Wolfboss_22

verwandelt Schwarz in Licht. Ihre Gemälde und Zeichnungen entfalten sich zwischen den beiden Polen, denen Leonardo da Vinci in seinem Malereibuch großen Raum gibt: Finsternis und Licht. Danach erst folgen die Körper und die Farben. Und in der Tat: In der Malerei von black_ros_e spielen Farben eine untergeordnete Rolle. Ihre künstlerischen Auseinandersetzungen gelten dem Unbunten, den Grauwerten, der Intensivierung, Nuancierung und dem Variantenreichtum von Schwarz. Die malerischen Möglichkeiten von Schwarzwerten lotet black_ros_e expressiv, mit Experimentierfreude und einem spielerischen Umgang mit Materialien und Techniken aus. Sie kombiniert wässriges Acryl, dünnflüssige Tusche, staubige Kohle, schmierfähige Bleistifte und fetthaltige Tiermarkierstifte. Sie schichtet die schwarze und graue Materie, lässt sie über das Blatt rinnen und ihre eigenen Formen bilden, zieht sie mit sicherem, schnellem Pinselstrich über das Papier oder reibt sie hinein – teilweise so lange, bis das Papier selbst Teil der Formwerdungen wird. Das macht etwas mit der Wahrnehmung. Da ist zum Beispiel ein Blatt, das ausschließlich von gleichmäßig schwarzen, schellackartig schimmernden Schichten überzogen scheint, die Ränder des Papiers wölben sich. Erst auf den zweiten Blick treten Formen und Farbnuancen aus dem Dunkel, vor allem im Streiflicht betrachtet: übermalte Schraffurflächen und geometrische Figuren, Linienformationen und Rinnsale vormals flüssiger, tiefschwarzer Tusche. Das gewölbte, ausgehärtete Papier wirft Schatten und zeigt es an: Die Farbschichten sind zahlreich, und der Trocknungsprozess war schnell, blackros_e verwendet hier teilweise einen Föhn. Andere Bilder dagegen sind ganz reduziert und bestehen nur aus wenigen expressiven, malerischen Gesten. Manche bestehen aus grau bewegten monochromen Flächen, manche aus großzügigen Schraffurfeldern, die Landschaftsformen bilden. Was all diese Visionen von Schwarz verbindet, ist, dass sie ihrem vermeintlichen Gegenpol, dem Licht, einen ebenso festen Platz einräumen, sei es als schimmernde Oberfläche, als gesetzte weiße Umrisslinie oder als helle Bildmitte. Und damit nähern sie sich dem an, was Leonardo als das Licht des Lichts bezeichnete: dem Glanz.

black_ros_e

Sandra Willkomms

interpretiert in ihrer Malerei Klassiker der Moderne neu. Vor allem Gemälde von Pablo Picasso sind ihre Inspirationsquelle. Farbabbildungen aus Kunstkatalogen dienen ihr als Bezugspunkte, Vorlagen und Dialogpartnerinnen, die sie direkt in den Schaffensprozess einbindet. Gleich einer Miniaturmalerin legt sie die kleinen Abbildungen während der Entstehung eines neuen Gemäldes neben ihre Leinwände. Präzise, konzentriert und zeitintensiv ist ihre Arbeitsweise. Sandra Willkomm kopiert die Miniaturen aber nicht, sondern sie taucht in deren Form- und Farbwelten ein, indem sie sie malerisch untersucht und dekonstruiert: Sie verzichtet auf Unnötiges, betont Details, arrangiert sie neu und vervielfacht sie; sie bringt Kompositionen auf den Punkt und setzt neu arrangierte Schwerpunkte. Gleichzeitig nimmt sie damit auch künstlerische Verfahren ihrer Vorbilder auf, die sich von einer naturalistischen Nachahmung der Dinge entfernten und mit den Möglichkeiten des Malerischen selbst experimentierten. Mit ihrer frischen und ausgewogenen Farbigkeit schafft sie so ganz neuartige Gemälde.

Sandra Willkomm

Wolfboss_22

malt sowohl gegenstandslos als auch gegenständlich: Hubschrauber, Hunde, Windräder, Autos. Ihre energie- und emotionsgeladenen malerischen Gesten können auch destruktiv sein, so konsequent, dass sie auch ihre eigenen Werke zerstört. In manchen Schaffensphasen setzt sich wolfboss_22 vertieft mit rein malerischen Themen auseinander. Zwei noch existierende Arbeiten sind Werke einer Phase, in der sich die Künstlerin mit Dreidimensionalität befasste. Sie scheinen einer surrealen Welt ohne Raum und Zeit zu entspringen und entfalten eine ganz eigene Sogwirkung. Ihre malerischen und zeichnerischen Mittel sind reduziert: Geometrische Grundformen, Kreise, Vierecke oder Dreiecke verteilen sich auf der Bildfläche. Sie fügen sich in verschiedenen Kombinationen zu Körpern, vielleicht auch zu Figuren zusammen; sie berühren sich nicht, die Figuren, und die markant unter sie gesetzten Schlagschatten vermitteln den Eindruck als schwebten sie. In welcher Beziehung stehen die Figuren zueinander, wo befinden sie sich? Verharren sie, bewegen sie sich aufeinander zu oder voneinander weg? Darüber geben die Bilder von wolfboss_22 keine eindeutige Auskunft, denn da ist keine Horizontlinie, kein perspektivischer Raum, keine Bildkomposition, die ihnen einen definierten Ort oder eine Richtung zuweisen würden. Stattdessen überziehen ihre Oberflächen Bildmuster in Form von kontrastierenden Quadraten, Rauten und Blockstreifen, also Bildmuster, die in Gemälden gewöhnlich eingesetzt werden, um tiefenillusionistische Bildräume zu erschaffen. Bilden die Figuren also ihre eigenen Räume? Und wenn ja: Entspringen sie der zweidimensionalen oder der dreidimensionalen Welt? Auch hier, schwer zu entscheiden: Mal sind die Schachbrettmuster parallel gesetzt, mal scheinen sich ihre Linien in die Tiefe des Bildraums zu verjüngen. Das Auge schwankt zwischen Raum- und Flächenwahrnehmung, die optische Illusion ist perfekt: Wir nehmen Kegel, Quader oder Kreiszylinder wahr, sehen abstrahierte menschliche Figuren und schauen dann wieder auf flächig aneinandergrenzende abstrakte Formen, die wie auf den Blattgrund gelegt scheinen. Und genau hier, in dieser Wahrnehmungsbewegung zwischen Fläche und Tiefe, ziehen uns die Bilder in den Bann. Vielleicht lassen sie uns mit einem Gefühl zurück, das wir aus Träumen kennen, aus der Welt der zeit- und raumlosen Dinge.

wolfboss_22

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